Stoßrichtung Berlin und Tokio

Gepostet am: Jan 31, 2018 11:48:4 AM

Es war ein großer Schritt – einer mitten rein in ein Bundesland, dessen Ureinwohner einen, sagen wir mal, gewöhnungsbedürftigen Dialekt pflegen. Katharina Maisch zog vor wenigen Wochen von Bempflingen nach Chemnitz, um sich im dortigen Bundesstützpunkt unter die Fittiche von Bundestrainer Sven Lang zu begeben, der die besten Kugelstoßer/innen der Republik noch besser machen will. Auch das 20-jährige Riesentalent aus dem Schwabenland, das jetzt nur ein Problem hat: „Meinen Trainer verstehe ich manchmal nicht.“ Das soll es des öfteren geben, wie jüngst die deutschen Handballer bei der EM demonstriert haben, ist in diesem Fall aber ein rein phonetisches Problem. Lang ist ein waschechter Sachse und spricht eben gerne auch so, die Schwäbin Katharina Maisch spricht indes astreines Deutsch. Der Coach müsste also mitbekommen, was sein neuer Schützling ihm mitteilen will, seinerseits muss er sich vielleicht ein bisschen anstrengen – und schon klappt es. Mit der Zeit wird sich das sicherlich geben.Primäre Aufgabenstellung ist freilich nicht die unfallfreie Konversation, sondern vielmehr der Umgang mit der vier Kilogramm schweren Kugel. Was das anbelangt, gibt es dieser Tage gar keine Probleme. „Ich habe mich eingelebt und wurde in die Gruppe sehr gut aufgenommen“, freut sich Maisch. Die Gruppe umfasst noch Christina Schwanitz, Deutschlands Vorzeige-Kugelstoßerin, und Peter Müller, ein aufstrebendes Talent, das jüngst die 20-Meter-Marke geknackt hat. Den Dreien ist eines gemeinsam: Sie präferieren die Drehstoßtechnik, ohne die in der Weltspitze gar nichts mehr geht. Es sei denn, man heiße David Storl. Der „Angleiter“ hat an Titeln praktisch alles abgeräumt, wurde auch von Sven Lang trainiert, hat sich von ihm aber getrennt, als es bei der WM im vergangenen Jahr gar nicht klappen wollte.Erst drehen, dann stoßen

„Es gibt in Deutschland wenig Trainer, die sich richtig mit dem Drehstoß befassen, der sich aber bei den Frauen immer mehr etabliert. Weil Sven Lang das kann, habe ich ohne zögern sein Angebot angenommen, mich der Gruppe in Chemnitz anzuschließen“, so Katharina Maisch, die freilich bisher bei Landestrainer Peter Salzer und ihrem Heimatverein TuS Metzingen auch schon aus der Drehung heraus arbeitete. „Die Vorteile der Drehstoßtechnik kommen nur bei optimalem Bewegungsablauf und extrem guter Koordinationsfähigkeit zur Geltung“, wie in einer Abhandlung über das Kugelstoßen zu lesen ist. Daran arbeitet die 20-Jährige, weiterentwickeln will sie sich, das sei im Sport sehr wichtig. In Chemnitz glaubt sie, ihre Ziele besser verwirklichen zu können. Und die sind anspruchsvoll.

Am Dienstag, 7. August, würde Katharina Maisch gerne im Berliner Olympiastadion in den Ring steigen und versuchen, sich für den Endkampf der Europameisterschaft zu qualifizieren. Freilich gilt es schon zuvor gewisse Voraussetzungen zu erfüllen, beziehungsweise per Qualifikationsweite eine Startberechtigung zu erlangen. Die liegt bei 17,50 Meter. Sven Lang traut es ihr zu, sie auch, muss jetzt nur noch die persönliche Bestweite auf den verlangten Level heben. Das ist von 17,11 Meter aus ja nicht mehr gar so viel....

(Quelle: SWP, 31.01.2018, Wolfgang Seitz)                                                           >>> zum kompletten Artikel SWP